Für die Entdeckung des Insulins wurde Sir Frederick Banting weltweit gefeiert. 1923 erhielt er in Oslo den Nobelpreis für Medizin. Er war der erste Kanadier, der diese Auszeichnung bekam und mit 32 Jahren der jüngste Nobelpreisträger aller Zeiten. Ein Mondkrater und ein Asteroid sind nach dem Forscher benannt, der britische König schlug ihn 1934 zum Ritter. Bantings Geburtstag, der 14. November, wird bis heute als Internationaler Diabetestag begangen.
Dies alles zeigt, wie glücklich die Menschheit über die Entdeckung des Kanadiers gewesen sein muss. Bevor es Insulinspritzen gab, führte Diabetes in kürzester Zeit zum Tod. Nur durch eine extreme Diät ließ sich das Leben noch um ein bis zwei Jahre verlängern, in denen die Erkrankten abmagerten und schließlich trotzdem starben. Durch Bantings Medikament konnten Diabetiker endlich gerettet werden.
Dieser Durchbruch gelang einem Mann, der als Wissenschaftler wenig Erfahrung hatte und aus einfachen Verhältnissen stammte. Frederick Banting kam 1891 als Bauernsohn im kanadischen Alliston / Ontario zur Welt. Nach einem Medizinstudium wurde er Kinderarzt, forschte aber auch als Chirurg, Anatom und Pharmakologe an der Universität von Toronto. Dort packte ihn das Interesse am Diabetes. Gemeinsam mit seinem Assistenten, dem Studenten Charles H. Best, begann er 1921 eine Forschungsreihe an Versuchshunden. Aufsicht über das Projekt führte der Universitätsprofessor John MacLeod, der Banting ein Labor zur Verfügung stellte und später den Biochemiker James Collip mit ins Boot holte.
Die erste Rettung eines Diabetes-Patienten gelang Bantings Team 1922. Der junge Leonard Thompson konnte durch Insulinspritzen noch 14 Jahre weiterleben, bis er an einer anderen Erkrankung verstarb. Ebenfalls 1922 glückte die Behandlung des 5-jährigen Theodor Ryder, und diese Geschichte wurde zur weltweiten Sensation: Fotos dokumentieren, wie das halbverhungerte Kind in wenigen Wochen zum Normalgewicht zurückkehrte und aus seinem Rollstuhl aufstand. Mit Hilfe der Insulinspritzen führte Teddy Ryder fortan ein normales Leben, wurde Bibliothekar in Hartford / Connecticut und erreichte ein Alter von 76 Jahren.
Der 5-jährige Teddy Ryder vor und nach der Behandlung mit Insulinspritzen
Angesichts solcher Erfolge ist es nicht verwunderlich, dass Frederick Banting für seine Entdeckung bis heute gefeiert wird. Tatsächlich war der Kanadier aber nur einer von vielen Wissenschaftlern, die zuvor schon jahrzehntelang an einer Diabetes-Behandlung geforscht hatten. Auf der Vorarbeit dieser Kollegen konnte Banting aufbauen. Auch der „Entdecker“ von Insulin ist der Kanadier nicht: Die Inselzellen, die in einer gesunden Bauchspeicheldrüse den Stoffwechsel anschieben, erkannte Paul Langerhans schon 1869 unter dem Mikroskop. Das Hormon, das diese Inselzellen produzieren, heißt nach dem lateinischen Wort Insula heute Insulin.
Banting und sein Assistent Charles Best (links) mit einem ihrer Versuchshunde.
Weitere Forscher fanden heraus, dass Diabetikern dieses Hormon fehlt und suchten einen Weg, die Patienten mit dem Insulin von Tieren zu behandeln. Viele Versuche schlugen fehl. Manche gelangen, brachten aber unerträgliche Nebenwirkungen mit sich. Erst Bantings Team schaffte es, aus der Bauchspeicheldrüse von Kälbern das Insulin so sauber herauszulösen, dass Diabetiker es gefahrlos spritzen konnten. Dieses Kunststück vollbrachte am Ende der Biochemiker James Collip. Den Nobelpreis verlieh man 1923 trotzdem nur Banting und MacLeod. Obwohl beide ihr Preisgeld freiwillig mit Best und Collip teilten, wurde diese Vergabe öffentlich kritisiert. Später kam es unter den Kollegen zum Konflikt um Ruhm und Anerkennung. Die Wege trennten sich, Banting und MacLeod blieben lebenslang zerstritten.
Als Kanada in den Zweiten Weltkrieg eintrat, meldete sich Frederick Banting zur Armee. Am 20. Februar 1941 flog er als Verbindungsoffizier in einem Hudson-Bomber über Neufundland, als die Maschine in Schwierigkeiten geriet. Bei der Bruchlandung verletzte sich der Kanadier schwer. Er starb einen Tag später im Alter von nur 49 Jahren.