Wer zu viel sitzt, schadet seiner Gesundheit. Zugegeben: Diese Erkenntnis ist nicht ganz neu. Forscher der Universität Maastricht haben nun allerdings erstmals untersucht, um wie viel Prozent durch das Sitzen das Risiko steigt, an Typ-2-Diabetes zu erkranken.
In einer Studie mit 2.500 Teilnehmern suchten die Wissenschaftler nach einem Zusammenhang zwischen langem Sitzen und dem Glukosestoffwechsel. Von den Testpersonen waren 29 Prozent Patienten mit Typ-2-Diabetes, 15 Prozent litten an einer anderweitig gestörten Glukoseverwertung, während die übrigen Kandidaten einen normalen Glukosestoffwechsel hatten.
Die Probanden trugen während der Testphase einen Bewegungssensor, der ihre Bewegungsabläufe über den Testzeitraum aufzeichnete. Das Ergebnis: Patienten mit Typ-2-Diabetes saßen durchschnittlich bis zu 26 Minuten länger pro Tag, als die übrigen Studienteilnehmer.
Aus dieser Erkenntnis errechneten die Maastrichter, dass jede Zusatzstunde im Sitzen das Diabetes-Risiko um 22 Prozent erhöht. In der Studie wurde allerdings nicht berücksichtigt, ob sich auch andere Lebensumstände der Probanden auf das Diabetes-Risiko auswirkten: Weder die Ernährungsgewohnheiten noch der Raucher-Anteil wurden ausgewertet.
Wichtige weitere Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes wurden damit außen vor gelassen: Das macht die Aussage, jede Stunde sitzen „erhöhe das Diabetes-Risiko um 22 Prozent“ zumindest fragwürdig, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass andere Ursachen für den Diabetes ausschlaggebend waren.
Eine Studie der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health hat allerdings schon 2010 nachgewiesen, dass Sitzen die Lebenserwartung verkürzt: Über 14 Jahre wurden dabei die Daten von 120.000 Menschen ausgewertet. Wer mindestens sechs Stunden täglich sitzt, hat eine Sterblichkeit von mindestens 20 Prozent mehr als die Menschen, die weniger als drei Stunden täglich im Sitzen verbringen. Bei Frauen ist die Sterblichkeit sogar um 40 Prozent erhöht.
Und die University of Leicester in England behauptet gar, exzessives Sitzen sei „eine tödliche Angelegenheit“, wobei exzessiv ungefähr neun Stunden am Tag bedeutet. Dafür wurden insgesamt 18 Studien mit knapp 800.000 Teilnehmern ausgewertet.
Es sind bislang noch nicht alle Wirkmechanismen bekannt, die zu dem erhöhten Diabetes-Risiko durch Sitzen führen, aber einige Zusammenhänge scheinen durch viele Studien bestätigt.
Muskeln, die durch Sitzen wenig beansprucht werden, nehmen weniger Insulin auf. Das kann zu einer immer stärkeren Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse führen – und so schließlich zum Typ-2-Diabetes.
Der Feierabend-Sport hilft hier leider nicht: Der Schaden ist schon vorher entstanden. Das Sitzen regelmäßig kurz zu unterbrechen hilft allerdings. Noch besser wäre ein höhenverstellbarer Schreibtisch oder ein Stehpult. Auch Sitzbälle oder flexible Schreibtischstühle sind zu empfehlen.
Auf diesen bleibt man ständig ein wenig in Bewegung, um die Balance zu halten, was die Muskeln aktiv werden lässt. Statt einen Kollegen anzumailen kann man auch das direkte Gespräch suchen – natürlich im Stehen. Projektmeetings könnte man auch beim Spazierengehen abhalten. Schließlich weiß jeder: An der frischen Luft hat man immer noch die besten Ideen.
Foto: Olu Eletu auf unsplash.com