Einfach Fett reduzieren durch die Gabe von Hormonen? Ein Traum vieler Menschen. Wobei: Ein einfacher Fettabbau war eigentlich gar nicht der Auslöser für die Forschergruppe um Dr. Timo Müller und Prof. Dr. Matthias Tschöp am Münchener Helmholtz-Zentrum.
Eigentlich ging es Ihnen um die Behandlung von Patienten mit Fettleber – einer Erkrankung, die häufig in Folge von Adipositas oder Diabetes auftritt. Also versuchten sie ein Hormon in die Leber einzuschleusen, dass schon lange für seine positive Wirkung beim Fettabbau bekannt ist: Das Schilddrüsenhormon T3 (Trijodthyronin).
Das Hormon T3 ist ein Stoffwechselhormon. Es beeinflusst vor allem den Sauerstoffhaushalt der Zellen und den Umsatz von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen. Bei einer Einnahme von T3 nimmt man ab, verbessert den Cholesterinstoffwechsel und vermindert Gefäßverkalkungen.
Bekannt ist es vor allem in der Bodybuilder-Szene: Dort setzt man T3 zur Beschleunigung des Stoffwechsels ein. Durch den schnelleren Stoffwechsel „verbrennt“ man Fett schneller – aber auch gleichzeitig Muskelmasse. Außerdem kann es deswegen zu Knochenabbau, Herzschwäche und Haarverlust kommen.
Das ist ein Grund, warum das Medikament bisher nur bei der Behandlung starker Schilddrüsen-Unterfunktionen zum Einsatz gekommen ist. Schließlich möchte niemand für den Fettabbau eine Schwächung des Herzens riskieren.
Im Münchener Helmholtz-Zentrum wurde nun ein neues Konzept erforscht: Dabei wird das Hormon T3 gezielt in die Leber eingeschleust – soll Herz und Knochen aber nicht schädigen.
Das Konzept, dass Wirkstoffe wirklich nur dahin gelangen, wo sie gebraucht werden, nennt man Präzisionsmedizin. Gerade in der Krebsforschung ist die Präzisionsmedizin aktuell ein wichtiger Trend: „Erschlug“ die Chemotherapie bisher die Krebszellen – und damit oft den ganzen Körper mit, sorgen neue Behandlungsmethoden nun häufig dafür, dass der Krebs nur dort behandelt wird, wo er auch auftritt.
Doch auch bei anderen Krankheitsbildern werden die Ansätze der Präzisionsmedizin immer interessanter. Dabei sollen Behandlungen immer individueller auf Patienten angewandt werden können – bis hin zur personalisierten Therapie.
Zur Behandlung der Fettleber verbanden die Forscher T3 und Glukagon zu einem Doppelhormon. T3 wird somit nur von Zellen aufgenommen, die Glukagon aufnehmen und verarbeiten können. Solche Zellen finden sich vor allem in der Leber, kommen in Herz und Knochen aber nicht vor.
Glukagon selbst ist der Gegenspieler von Insulin. Die Hauptaufgabe von Glukagon besteht also darin, den Blutzuckerspiegel zu erhöhen. Es löst das Glykogen, das in der Leber gespeichert ist und macht wieder Glucose, also Zucker, daraus. Das T3, das daran gekoppelt ist, verstärkt gleichzeitig den Stoffwechsel in der Leber.
In der Wirkung verringerte sich tatsächlich der Fettanteil in der Leber der Probanden. Allgemein kam es zu einer Verringerung des Körpergewichts, Senkung des Cholesterinspiegels und einer Verbesserung des Zuckerhaushalts. Nebeneffekte auf Herz und Knochen blieben aus. Kleine Einschränkung: Bei den Probanden handelte es sich bisher lediglich um Mäuse. Der erste Schritt für eine Erforschung am Menschen ist somit allerdings getan.
Das Münchener Helmholtz-Zentrum gilt als eine führende Forschungseinrichtung im Bereich der Gesundheit und der Umwelt. Immer wieder erregen die Forscher Aufsehen mit Ihrer Arbeit im Bereich der Endokrinologie und der Diabetologie. So zeichnen sich Forschungsgruppen des Helmholtz-Zentrums verantwortlich für die „Fr1da“-Studie und arbeiten aktuell an "Freder1k" mit.
Bereits letztes Jahr entwickelte das Team um Dr. Matthias Tschöp zusammen mit Forschern der Indiana University ein Dreifachhormon zur Verbesserung der Insulin-Wirkung und der Senkung des Körpergewichts.
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