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Das Wort Polypharmazie kommt aus dem Alt-Griechischen und setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen: Dem Wort „pharmakon“ (Heilmittel, Gift, Zaubermittel) und der Vorsilbe „poly-“ für „viel-“. Von Polypharmazie (auch Polypharmakotherapie, Multimedikation oder schlicht Übermedikation genannt) spricht man meist, wenn ein Patient täglich fünf oder mehr Medikamente gleichzeitig einnimmt.
Zwei Bevölkerungsgruppen haben besonders mit Übermedikation zu kämpfen: Ältere Menschen und Diabetiker. Zahlreichen Statistiken zu Folge werden mehr als die Hälfte aller in Deutschland verordneten Medikamente über 60-Jährigen verschrieben – dabei liegt deren Anteil bei gerade einmal einem Viertel der Gesamtbevölkerung. Die Hälfte der über 75-Jährigen nimmt täglich 4-6 Präparate ein.
Auch der Typ-2-Diabetes ist oft eine altersbedingte Erkrankung. Vielfach wird er immer noch als „Alters-Diabetes“ bezeichnet, auch wenn die Zahl jüngerer Typ-2-Diabetes-Patienten in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist.
Jeder Wirkstoff funktioniert in unserem Körper auf eine bestimmte Weise mit gewollten Wirkungen – und ungewollten Wirkungen, sogenannten Nebenwirkungen. Die Acetylsalicylsäure, der Wirkstoff in Aspirin ist ein bekanntes Beispiel für besonders schwerwiegende Nebenwirkungen: Aspirin wirkt schmerzstillend und entzündungshemmend – aber verdünnt auch das Blut, was zu einer gestörten Wundheilung führen kann.
Manche Medikamente verstärken sich gegenseitig in ihrer Wirkung oder machen einander unwirksam (Wechselwirkung). Manchmal sind diese Wechselwirkungen so stark, dass sich eine gleichzeitige Einnahme von Medikamenten verbietet.
Je mehr Medikamente eingenommen werden, desto mehr Medikamente können miteinander in Wechselwirkung treten. Bei gleichzeitiger Einnahme von drei Medikamenten lässt sich das noch leicht ermitteln: Man hat vier mögliche Kombinationen an Wirkstoffen. Bei fünf steigt die Zahl der Kombinationen schon auf 26, bei acht gleichzeitig eingenommen Medikamenten sind es bereits 247 mögliche Wirkstoffkombinationen.
Der Überblick wird mit jedem zusätzlich eingenommenen Medikament schwieriger – zumal nie alle möglichen Wechselwirkungen erforscht werden können. Einen sehr einfachen Wechselwirkungs-Check bietet die Apotheken-Umschau unter dieser Internet-Adresse.
Wird der Diabetes nicht richtig behandelt – inklusive einer Anpassung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten – kann es zu diabetischen Folgeerkrankungen kommen (Link zu Heft-News Folgeerkrankungen). Jede einzelne dieser zusätzlichen Erkrankungen muss in der Regel medikamentös behandelt werden. Dazu kommt, dass es sich um chronische Leiden handelt, die Medikamente also über lange Zeit täglich eingenommen werden muss.
Häufig geht der Typ-2-Diabetes mit Übergewicht und/oder höherem Lebensalter einher. Beides sind auch klassische Ursachen für Bluthochdruck. Bestimmte Blutdrucksenker können dabei in Wechselwirkung mit Insulin den Blutzucker bis zum Unterzucker senken – manche können die Wirkung von Insulin aber auch abschwächen.
Von einer „Verschreibungskaskade“ spricht man, wenn folgendes passiert: Ein Medikament hat eine unerwünschte Arzneimittelwirkung zur Folge. Diese wird vom Arzt als neue Krankheit eingestuft und anschließend mit einem weiteren Medikament behandelt, was wiederum zu einer unerwünschten Arzneimittelwirkung führen kann.
Oft kann der Schlüssel zu den Problemen der Polypharmazie im Weglassen mancher Medikamente liegen – anstatt weitere zu verschreiben. Gerade Diabetiker sollten sich vor jedem Medikament, das ihnen verschrieben wird, bei ihrem Diabetologen nach Risiken und Wechselwirkungen mit ihrer Diabetes-Therapie erkundigen. Denn das griechische Wort „pharmakon“ bedeutet nicht nur „Heilmittel“ – es kann auch „Gift“ bedeuten.
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